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Lied

Was ist eigentlich ein Lied? Mit den Geistesströmen der Aufklärung und des Idealismus entstand das Lied in einer Art Gegenbewegung gegen die hochkomplexen barocken Instrumentalformen: Die Einfachheit galt als oberstes Formprinzip.
Die Singstimme nahm mit ihrer Orientierung am Menschen in der Musik gewissermaßen auch schon die Säkularisation vorweg. Weil nicht mehr der liebe Gott, sondern menschliche Zuhörer angesprochen waren, kam den kommunikativen und sozialen Aspekten größeres Gewicht zu. Konzertritual und bürgerliche Öffentlichkeit entstanden. Galt es, einen Sänger zu finden, fiel die erste Wahl meist auf eine Frau, die bis dahin kaum Möglichkeiten gehabt hatte, an der Musikproduktion teilzunehmen.
Ebenso wichtig wie die Musik war die Sprache. Mit der Literatursprache und ihren Topoi trat die Bildung als prägender Faktor hinzu. Elementare Liedformen spielten mit ästhetischen Erfahrungen und Erwartungen: Kleine Textformen (kurze Strophen, in wenigen Versen, mit ähnlicher Silbenzahl, gern mit Endreim) kombinierten Neues (Verse) und Wiederkehrendes (Refrain).
Die Musik griff in der Gestaltung von Melodie, Form und Harmonik auf bewährte Muster des höfischen Tanzes zurück, der aufgrund seiner choregraphischen Regeln und Zwänge ganz berechenbar sein musste: Gleichgroße Satzteile in symmetrischer Anordnung, deutliche Markierung der Eckpunkte, Gliederung durch taktweise harmonische Fortschreitung.
Diese Basismodelle ließen sich in der nachfolgenden Moderne gut auf Formvarianten, Satzformen, Besetzungen, Sprachen und Verwendungszwecke anpassen.

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