Übersicht

Neumaier

In einer kinderreichen Schmiedefamilie wuchs Ferdinand Neumaier (1890–1969) in Kirchberg im Wald auf. Der zitherspielende Vater brachte ihm als erster das Singen nahe.
Weil in der Familie die Bildung viel galt, sollte Ferdinand Neumaier wie zwei seiner Brüder Lehrer werden. Dazu besuchte nach der Volksschule zunächst die Deggendorfer Präparandenschule (1906–1908) und dann das Straubinger Schullehrer=Seminar (1908–1910). Dort erlernte er das Klavier- und Orgelspiel, das Singen und die Chorleitung, den Notensatz und das Einrichten von Texten. In Straubing erlebte er den bürgerlichen Männergesang im Geist des wilhelminischen Kaiserreichs, den katholischen Volksgesang und die jugendbewegte Singbegeisterung.
Nach wenigen Dienstjahren des jungen Lehrers in Neuschönau, Regenhütte, Zwiesel, Abensberg und Landshut erzwang der Erste Weltkrieg eine Unterbrechung seiner Berufstätigkeit, ehe die Weimarer Republik ihre musikalische Neuorientierung einleitete: Singen wurde zum obligaten Unterrichtsfach an allen Schulen und gehörte fortan zur Allgemeinbildung.
Seit 1913 unterrichtete Neumaier an Landshuter Schulen: Bis zum Zweiten Weltkrieg an der damals sog. Hilfsschule, in der Nachkriegszeit dann als Schulleiter der Martin-Schule. Während dieser Zeit und zehn weitere Jahre im Ruhestand wirkte er als Organist in der katholischen Pfarrkirche St. Nikola. In der Nachkriegszeit leitete er – ebenfalls bis 1965 – auch die Landshuter Liedertafel.
Dort wirkte auch seine Frau Anna (geb. Kainz, 1893–1980) als Sängerin mit. Aus ihrer 1920 geschlossenen Ehe gingen drei Kinder hervor. Privat fand Ferdinand Neumaier im improvisierten Klavierspiel und im meditativen Gesang zeitlebens seinen individuellen Rückzug.
Von den 1920er bis in die 1960er Jahre schuf Ferdinand Neumaier gut hundert Lieder oder Vokalsätze. In der Zwischenkriegszeit waren es vor allem gesellige Lieder für Erwachsene, in der Nachkriegszeit dann Schul- und Kinderlieder. Seine Autorschaft bezog sich auf ganz verschiedene Bereiche: Mal komponierte er eine neue Melodie, mal bearbeitete er eine alte, mal arrangierte er einen mehrstimmigen Satz. Manchmal schrieb er neue Liedtexte, öfter ergänzte er vorgefundene Gedichtstrophen – und meist formulierte er sie in seiner persönlichen Mundart.
Daneben schuf Neumaier mehrere Werke der katholischen Kirchenmusik, für Männer- und gemischten Chor sowie für das Theater. Wie Neumaier selbst repräsentieren auch seine Kompositionen ihre jeweilige Entstehungszeit und ihre weltanschaulichen Kontexte – in der chronologischen Abfolge von Kaiserzeit und Erstem Weltkrieg, Weimarer Republik, NS-Zeit und Zweitem Weltkrieg, Amerikanischer Besatzung und Bundesrepublik.
Beim Radlfahren, Schwammerlsuchen oder beim Schneiden des selbst gezüchteten Tabaks erprobte der aktive Naturfreund und passionierte Raucher meditativ summend seine eigenen Melodien auf ihre Tauglichkeit. Der erfolgreichste Ohrwurm gelang ihm 1938 mit der Komposition Mir san vom Woid dahoam, die zur Hymne des Bayerischen Waldes wurde. Nicht nur damit prägte er den SängerWald für Jahrzehnte mit.

Übersicht